Der Global Player aus Wiesenfeld

Wahrscheinlich jeder in der Region Coburg kennt die Marke „Coburger“ und die Milchwerke in Wiesenfeld. Wussten Sie aber, dass hier Handelswaren für alle deutschen Lebensmitteleinzelhändler hergestellt werden? Aus der Gemeinde Meeder kommt beispielsweise auch Mozzarella – für den Export nach Italien! Spannend? Dann kommen Sie mit auf die nächste Station der Reise durch die Genussregion Coburger Land. Hier gibt es den Frankendamer – den Käse für den Genussregion-Burger.

Die Geschichte der Milchwerke geht bereits zurück in das Jahr 1927. Einigen ist vielleicht noch der frühere Standort des Coburger Milchhofs bekannt, wo heute der neue EDEKA Brehm steht und sich weitere Objekte derzeit im Bau befinden. Durch eine Fusion entstanden 1975 die Milchwerke Oberfranken West eG. Heute sind darin sieben frühere eigenständige Molkereien zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Hierzu gehören mittlerweile 850 Milcherzeuger aus Nordbayern, Südthüringen und Hessen. 50 % der Milch kommt aus Franken, 30 % aus Südthüringen und 20 % aus Hessen. In der Produktion wird die „Milch aber nicht in einen Topf gegossen“, sondern es wird differenziert nach bio, Bioland, Naturland und Regionalität. Bei den späteren Produkten muss schließlich drin sein, was drauf steht! 600 Menschen arbeiten in drei Schichten an sieben Tagen die Woche in Wiesenfeld. 60 Tankzüge aus dem genannten Gebiet der Genossenschaft bringen täglich Milch der Erzeuger in die Produktion und 25 LKW-Züge verlassen mit verschiedensten Produkten jeden Tag das Lager in alle Himmelsrichtungen und in die ganze Welt! Damit man sich diese Mengen besser vorstellen kann: 1.500.000 kg Milch werden pro Tag angeliefert und 58.500 Tonnen Käseprodukte verlassen das Werk wieder!  

Die Milchwerke waren Vorreiter 

Der Erfolg der Milchwerke beruht auf harter Arbeit, Bündelung der Kräfte, dem frühzeitigen Setzen auf Trends und auf einer Fehlproduktion. Geschäftsführer Ludwig Weiß hat hierzu die passende Anekdote parat, doch zunächst der Reihe nach. Bis 1995 wurde von den Milchwerken fast ausschließlich Cheddar hergestellt. Das Bewusstsein, dass man die Produktpallette erweitern bzw. sich anders aufstellen muss, war zu dieser Zeit bereits vorhanden. Frühzeitig setzte man auf geschnittenen und verpackten Käse. Eine Entscheidung, welche den Grundstein für den heutigen Erfolg legte. Aus Bequemlichkeit greifen die Konsumenten zu Produkten wie geriebener oder geschnittener Käse und Käsewürfel. Ganze Stücke sind natürlich auch weiterhin in den Sortimenten, mit den vorportionierten Produkten erkannten die Wiesenfelder jedoch einen Trend, welcher sich bis heute fortsetzt. Dadurch konnten die eigenen Produkte – als Eigen- und als Handelsmarken – in sämtlichen deutschen Handelsketten erfolgreich platziert werden. Sie finden keinen Händler, welcher nicht mindestens ein oder zwei Produkte aus dem Landkreis Coburg im Sortiment hat. Ein versehentlich falsch gelagerter Cheddar wurde zudem zur Innovation. Ludwig Weiß fand diesen Cheddar. Er hatte sehr viele Löcher und sah aus wie ein Schwamm. Weiß probierte diesen Käse und war vom Geschmack überrascht. Testweise nahm er ihn mit zu einem Einkäufer einer großen Handelskette. Noch etwas zurückhaltend stellte er das Produkt vor und siehe da: der Einkäufer war begeistert und hielt den Käse für eine Innovation! Weiß erkannte die Chance und erwiderte: „Sehen Sie. Viele Löcher, viel Geschmack!“ So wurde das Produkt Frankendamer geboren, ein von den Milchwerken geschützter Begriff. 

Der Coburger Frankendamer 

Die Käsewahl für den Genussregion-Burger fiel schnell auf den Coburger Frankendamer. Dieser ist bekannt als milder und nussiger Käse. Produziert wird er komplett im Werk in Wiesenfeld. Vereinfacht ausgedrückt, braucht es dafür eigentlich nur Milch, Salz und die richtigen Milchsäurebakterien. Der Frankendamer ist ein Naturprodukt. Das Käsen selbst ist ein Standartverfahren. Der Unterschied kommt – ähnlich wie bei der Metzgerwurst durch die Gewürze – durch Kulturen von Milchsäurebakterien. Beim Frankendamer spielt zudem die Lagerung eine entscheidende Rolle.  

Mit der Anlieferung der Milch startet die Produktion. Diese wird zunächst aufbereitet, um die gewünschte Qualität und den benötigten Fettgehalt zu erreichen. Anschließend wird die Milch mit Starterkulturen (Bakterien) versetzt und mittels Lab zur Gerinnung gebracht. Diesen Schritt nennt man Dicklegung. Sobald die gewünschte Festigkeit erreicht ist, wird die Masse in Stücke zerteilt. In diesem Stadium der Herstellung spricht man vom Käsebruch. Je feiner der Käsebruch ist, umso mehr Molke setzt sich ab. Die Käsemeister müssen hier den für den Frankendamer richtigen Zeitpunkt abpassen. Die Molke wird vom Käsebruch getrennt und anschließend der Käsebruch zum späteren Käselaib (17 kg!) gepresst. Teilautomatisiert wird der Käse in Folie abgepackt und anschließend vollautomatisiert in Kisten gelegt. Diese geben dem Laib während der Reifung die passende Form und sorgen dafür, dass die Käselaibe auch trotz Ausdehnung gestapelt werden können. Die separierte Molke ist keinesfalls ein Abfallprodukt, sondern sie enthält wertvolles Eiweiß und Lactose und wird zu hochkonzentriertem Molkepulver weiter verarbeitet. Dieses findet in der Lebensmittelindustrie zum Beispiel bei der Herstellung von Babynahrung Verwendung.  

Die richtige Lagerung 

Zunächst wird der Käse drei Wochen kalt gelagert. Anschließend folgt eine Warmlagerung für ca. zwei bis drei Wochen. Während der Warmlagerung können sich die Gase im Käse ausdehnen und die Löcher entstehen. Anders als man vielleicht glauben könnte, sind die Löcher nicht einfach Luft! Vielmehr entstehen gerade um die Löcher Stoffwechselprodukte, welche den eigentlichen Geschmack des Käses ausmachen. Es ist also wie Weiß es einst sagte: „Viele Löcher – viel Geschmack!“  

Den Frankendamer gibt es mit Milch aus konventioneller Landwirtschaft (ohne Gentechnik) und als Bio Produkt, beide Varianten zudem jeweils in den Richtungen „natur“ oder „geräuchert“. Die Räucherung erfolgt mit Naturrauch aus Buchenholz. Dadurch erhält der Käse seine Farbe und sein (Rauch-)Aroma. Zwischen dem konventionellen Käse und dem Bioprodukt bestehen durchaus geschmackliche Unterschiede. Die Produktion ist gleich (die Milchsäurebakterien machen hier keine Unterscheidung), die Nahrung der Tiere beeinflusst jedoch den späteren Geschmack.   

Weiter geht es Richtung Zukunft 

Die Marktnachfrage gibt den regionalen Käsemachern Recht und deshalb wird weiter investiert. 2018 wurde am Standort Wiesenfeld ein Hochregallager mit beeindruckenden Ausmaßen errichtet. 40 Meter hoch bietet es Platz für 8.100 Paletten! Hier wird der Käse zwischen- und auch für längere Reifungsprozesse gelagert. Das Ein- und Auslagern erfolgt vollautomatisch über zwei Lifte. Zur Behebung von eventuell auftretenden Störungen wurden extra eigene Mitarbeiter im Klettern geschult. Aus diesem Lager stammt letztendlich der fertig verpackte und geschnittene Frankendamer, welcher auf der Reise durch die Genussregion auf dem Burger landet.  

Aktuell arbeitet man in Wiesenfeld an einer Erweiterung der Produktionsstätte und auch im Sortiment wird es Neuerungen geben. Da besonders die Nachfrage nach regionalen Produkten anhält, wird die Produktpalette der Marke „Coburger“ erweitert. Zum Beispiel wird es bald einen geschnittenen Butterkäse geben, der speziell an jüngere Kunden adressiert ist. Auch in Sachen Umwelt- und Klimaschutz haben die Milchwerke bereits im Jahr 2019 die Weichen gestellt und ein eigenes Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. Mit diesem kann die in der Produktion anfallende Abwärme zur Stromerzeugung genutzt werden. Versorgt mit frischem Käse geht es weiter zur nächsten Station der Foto-Reihe.